Einleitung

Die Geschichte begann im Bürgerschaftswahlkampf 2011. Ich war noch nicht wahlberechtigt, habe die Wahl aber verfolgt. Zu dieser Wahl gab es am 9. Februar eine ZDF Login Sendung, welche u.a von Dunja Hayali moderiert wurde und in der Anja Hajduk von den GRÜNEN eingeladen war. Über den Chat stellte ich damals zwei Fragen, die dann auch in der Sendung ausgewählt und gefragt wurden. Eine Frage ging ziemlich sicher um Umweltzonen. Es war eine schöne Erfahrung direkt interagieren zu können und das Gefühl auch als Einzelperson relevant zu sein.

Studienbeginn

Trotz dieser Erfahrung sind etliche Jahre Mobbing während der Schulzeit nicht spurlos an mir vorbeigegangen. Im Juni 2012 habe ich das Abiturzeugnis bekommen und war sehr schüchtern. Ich kann von historischem und persönlichem Glück reden, dass die Orientierungseinheit der Fachschaft Informatik an der Uni Hamburg so gut ist. Durch deren Rahmen konnte ich viele Menschen kennenlernen und fühlte mich von Anfang an wohl.

Zur politischen Orientierung: Im April 2012 wurde darüber diskutiert, ob die Piraten die GRÜNEN ablösen und in Zukunft ersetzen werden.

Auf der Vollversammlung der Fachschaft Informatik habe ich mich spontan entschieden für den Fachschaftsrat anzutreten. Von 12 gewählten Personen waren dabei 6 im ersten Semester. Ende des Semesters war ich einer von insgesamt drei aktiven Menschen und der einzige noch aktive der ursprünglich sechs Personen aus dem ersten Semester. Dieses Phänomen der relativ schnellen Verantwortungsübernahme sollte sich auch in Zukunft wiederholen. In jedem Fall sorgte die FSR-Verantwortung dafür schnell viele meiner Ängste überwinden zu müssen und erlaubte mir gleichzeitig den Einblick in gewisse Interna des Fachbereichs. So hatte ich ziemlich früh einen ganz anderen Draht zu den Entscheidungsträger*innen des Fachbereichs, die teilweise zeitgleich meine Professor*innen im Lehrbetrieb waren. Im zweiten Semester habe ich jedoch erst einmal nicht weiter gemacht mit dem FSR.

Fast forward zum Sommer 2013. Die Enthüllungen von Snowden waren für mich als Informatikstudent natürlich etwas ganz besonderes. Da fühlte ich mich auch noch einmal bestätigt darin das richtige Studienfach gewählt zu haben, denn mir war damals klar, dass Informatik das Zukunftsthema sein wird und die Gesellschaft im 21. Jahrhundert Informatiker*innen benötigen würde, um die hart erkämpften Rechte auch im Zeitalter der Digitalisierung vor dem gierigen Griff des Staats zu verteidigen. Der Fachbereich Informatik der Uni Hamburg steht dort in ganz besonderer Tradition. In meiner damaligen OE gab es eine Probevorlesung des mittlerweile verstorbenen Professor Brunnsteins. Er war Mit”verursacher” des berühmten Volkszählungsurteils und hat damit den Menschen in Deutschland einen großen Dienst erwiesen. Ich war ein wenig stolz an einem Fachbereich mit einer solchen Tradition zu studieren.

Entsprechend war und ist am Fachbereich die Begeisterung für Datenschutz und freie Software sehr stark - im Übrigen bei Lehrenden und Studierenden. In dieser Richtung ist der FSR auch allgemeinpolitisch tätig und war stets Unterstützer des Hamburger Bündnis gegen Überwachung und hat an den Freiheit statt Angst Demos teilgenommen. Zur Bundestagswahl 2013 gab es eine relativ spät geplante Podiumsdiskussion bei der leider nur die CDU mit Originalpersonal vertreten war. Die anderen Parteien wurden gespielt. Dementsprechend unfair war dann auch der Redeanteil. Weil mich die Linkspartei am meisten überzeugte, habe ich 2013 die Linken gewählt und war froh, dass sie Oppositionsführer wurden. Gerade Gregor Gysi fand und finde ich einen der besten Politiker Deutschlands. In die Politik wollte ich zu diesem Zeitpunkt nicht. Ich hatte das Gefühlt, dass dort meine Ziele ohnehin nicht umgesetzt würden und wollte daher lieber ein Unternehmen gründen und real Veränderungen umsetzen wie bspw. eine Demokratiesierung der Wirtschaft.

Zum Sommer 2014 wurde ich dazu überredet erneut für den FSR zu kandidieren. Gesagt getan. So war ich letztlich vom Sommersemester 2014 bis zum Ende meines Bachelors im Sommersemester 2016 im FSR Informatik. Zum Winter 2014 wurde ich erneut überredet und zwar zur Solikandidatur für das Studierendenparlament für CampusGrün. Weil ich die Angabe machte, dass ich zur Not auch ins Parlament gehen würde, landete ich auf Listenplatz 18. Diese Entscheidung sollte mich noch einholen.

Politisches Erwachen

Zum Jahreswechsel war ich erstmals auf einem Chaos Communication Congress. Erst hier habe ich wirklich die Auswirkungen der Snowden Enthüllungen vollends begriffen. Es war eine unbeschreibliche Erfahrung in einem Raum mit fast 2000 Menschen zu sitzen als Laura Poitras und Jacob Appelbaum brandneue Enthüllungen vorgestellt haben. Dort hatte ich erstmals das Gefühl bei Weltgeschichte hautnah dabei gewesen zu sein. Im Anschluss gab es Standing Ovations. An Silvester habe ich mir schließlich auch noch den Dokumentarfilm Citizenfour angesehen und konnte somit hinter die Kulissen der Ereignisse von 2013 blicken. Dieser Jahreswechsel war für mich der Startpunkt für deutlich aktiveres Engagement, wie sich in Kürze zeigen sollte.

Zu der Bürgerschaftswahl 2015 wurde erneut vom Fachschaftsrat - also auch von mir - eine Podiumsdiskussion veranstaltet. Diese war besser vorbereitet, sodass von allen damals in der Bürgerschaft vertretenen Parteien Menschen eingeladen wurden. Für mich standen sowohl die Linkspartei als auch die GRÜNEN als Option zur Wahl. Wahlentscheidend war für mich, dass Stefanie von Berg bei der Podiumsdiskussion am Informatikum sympatischer herüberkam als Martin Dolzer und die GRÜNEN sich bei einer Diskussion von Campact klar gegen CETA ausgesprochen haben. Von den GRÜNEN insgesamt war ich damals noch nicht so überzeugt, weswegen ich meine 5 Stimmen Stefanie von Berg gegeben habe.

Zeitlich parallel gelagert habe ich die neue Regierung Griechenlands mit Hoffnung verfolgt. Ich habe mir gewünscht, dass dort endlich die Austeritätspolitik beendet werden könnte. Leider stieß die Regierung auf mangelnde Kooperationsbereitschaft und Schäuble hat seinen eisernen Kurs durchgedrückt. Dort wurde seitens Deutschland eine riesige Chance vertan den europäischen Frühling zu nutzen und die EU zu reformieren. Stattdessen wurde weiter auf die gescheiterte Politik des Kaputtsparens gesetzt.

Im April 2015 bin ich trotz Solikandidatur in das Studierendenparlament (StuPa) eingezogen. Dies habe ich bis heute durchgezogen.

Während in der ersten Hälfte von 2015 die Hoffnung von jungen Menschen in Athen und anderswo zuerst entstand und dann zerstört wurde, gab es im Herbst 2015 ein kurzes Zucken in der Matrix und Merkel traf die einzige humanitäre Entscheidung ihrer Amtszeit und ließ eine Menge Notleidender in das Land. Es folgte die Erkenntnis, dass Deutschland auch gastfreundlich sein konnte.

Gegen Ende des Jahres habe ich mich auf Listenplatz 10 wählen lassen. Ebenfalls habe ich mich gegen Olympia engagiert und habe bei einer Bürgerbeteiligung zum Verkehr jemanden von der GRÜNEN JUGEND erstmals kennengelernt. Das sollte noch später relevant werden.

Bei der Studierendenparlamentswahl 2015/16 hat CampusGrün das bisher beste Ergebnis mit 14 Sitzen eingefahren und ich habe eines von zwei Direktmandaten bekommen. In der folgenden Legislatur 2016/2017 war ich dann auch im Präsidium des Studierendenparlaments zusammen mit jemandem von der Liste Links und dem RCDS. In dieser Funktion habe ich die Wahlen für rund 40.000 Studierende maßgeblich mitorganisiert.

Im Frühjahr 2016 hat sich auch Diem25 gegründet. Ich bin seit Gründung Mitglied und finde es absolut wichtig, dass weder der Status Quo beibehalten noch in die Nationalstaaten zurückgekehrt wird. In dieser Richtung sind mir auch die GRÜNEN nach wie vor viel zu dicht an Merkels Politik orientiert. Ohne grundlegende Reformen kann die EU nicht gerettet werden. Diem25 hat mit dem European New Deal den richtigen Plan dazu. Die Europawahlen im Jahr 2019 müssen dafür sorgen, dass eine parlamentarische Mehrheit diesen Plan unterstützt. Ich kann nur hoffen, dass die GRÜNEN die Zeichen der Zeit erkennen und diesen Plan unterstützen.

Erstes Parteiengagement

Der September 2016 war vor allem wegen der großen Anti-CETA-Demo bedeutsam. Zur Mobilisierung gab es eine Aktion von CampusGrün und der GRÜNEN JUGEND in der Mönckebergstraße, wo ein Schiedsgericht gespielt wurde. Dies war mein erster Kontakt zur GRÜNEN JUGEND seit Ende 2015. Auf der Demo bin ich beim Fronttransparent mitgelaufen und habe am Ende einen Flyer der GRÜNEN JUGEND bekommen. Die dort beworbene Podiumsdiskussion zum Bedingungslosen Grundeinkommen fand jedoch nicht statt. Im Anschluss an die Demo bin ich zum Schluss gekommen, dass ich der GRÜNEN JUGEND beitreten möchte und habe dies dann auch gemacht.

Zu der Landesmitgliederversammlung im Oktober 2016 bin ich als Beobachter und interessiertes Basismitglied gegangen und als neues Landesvorstandsmitglied herausgegangen. Wieder einmal eine spontane Entscheidung. Noch wollte ich allerdings nicht Mitglied bei einer Partei sein. Dafür gab es zu viel Uneinigkeit mit dem Programm der GRÜNEN.

In den folgenden Wochen und Monaten habe ich sowohl die StuPa-Wahl organisiert, mich in den LaVo eingelebt und mein Vollzeit-Masterstudium begonnen. Dort war ich buchstäblich am Limit. Der persönliche Kontakt mit den führenden Hamburger GRÜNEN, allen voran Anna Gallina, war dann gepaart mit der Möglichkeit das Parteiprogramm zu beeinflussen der Grund für den Eintritt in die Partei im Januar/Februar des Jahres 2017. Die Entscheidung des GRÜNEN LaVo zu den Abschiebungen nach Afghanistan war dort ein wichtiger Faktor, der mich davon überzeugt hat, dass meine inhaltliche Position und die der Hamburger GRÜNEN nicht so weit auseinander ist. Auch mein Kreisverband scheint veranschaulicht durch Anna Gallina, Till Steffen, Stefanie von Berg und vielen weiteren sehr genau mit meinen inhaltlichen Vorstellungen übereinzustimmen.

Grüner Hackathon

Ende April fand in der Bundesgeschäftsstelle der GRÜNEN der Hackathon statt, aus dem einige Tools für den Bundestagswahlkampf hervorgingen. Ich habe mich dort mit dem Green-o-mat beschäftigt und die technische Machbarkeit präsentiert. Wie das bei freier Software so üblich ist, wurde er im Anschluss noch optisch an das Corporate Design angepasst und die Inhalte ebenso. Aber das Gefühl als einzelne Person sichtbar zu sein war wieder einmal sehr bewegend.

Programm-BDK

Im Mai 2017 fand die Kreismitgliederversammlung Eimsbüttel statt. Es war die erste Versammlung im Kreisverband auf der ich war, da die Vorstandssitzungen immer mit CampusGrün-Sitzungen kollidierten. Dort habe ich mich als BDK-Delegierter zur Wahl gestellt und habe von den drei Kandidat*innen auf die zwei offenen Plätze die meisten Stimmen bekommen.

Auf der Bundesdelegiertenkonferenz im Juni schließlich hatte ich am 1. Tag das Glück, dass durch Jesse Klaver die Mitte nach links rückte und ich direkt auf dem offenen Platz hinter Cem Özdemir sprechen konnte. Ich schloss meine Rede mit:

On September, 24th millions of people will look to Germany. Let‘s give them something to look forward to. Let‘s fight for marriage equality, a democratized EU, against the poverty across Europe and the global climate crisis. Against fear, hope. Against austerity, prosperity. Against corruption, transparency. United we stand, divided we fall. Fight for and vote green in 2017. #votegreen17

Bundestagswahlkampf

Bevor der Wahlkampf richtig losging haben die GRÜNEN bereits ihr erstes Wahlziel erfüllt. Die Ehe für Alle wurde endlich mit Rot-Rot-Grüner Mehrheit im Bundestag beschlossen. Während des Wahlkampfs war ich hauptsächlich im September aktiv. Dafür umso intensiver. Los ging es am 3. September mit dem Kinderfest in Lohbrügge. Am 7. und 8. September hieß es dann Haustürwahlkampf mit Anna in Barmbek und beim Schlump machen. In Berlin war ich am 9. September und habe gegen mehr Massenüberwachung demonstriert. Abends musste in Bergedorf eine Cryptoparty betreut werden. Am Tag darauf ging es mit der Museumsbahn nach Geesthacht. Von diesem Einsatz wird noch ein Video folgen.

Die Woche darauf war Haustürwahlkampf mit Till um die KGS Eimsbüttel herum ansagt, ebenso der Wahlkampfstand am Tibarg und das Stadtteilfest in Winterhude. In Winterhude sah es zeitweise so aus, als ob die GRÜNE JUGEND bei der Standbesetzung von der Partei unterstützt wurde statt anders herum. Unsere Anwesenheit war auch ganz sinnig, da jemand seine Schicht verpennt hatte.

In der letzten Wahlkampfwoche waren eine Schnippeldisko am Montag, der Wahlkampfhöhepunkt am Mittwoch, Flyern vor dem IKEA in Altona und später auf der Reeperbahn am Donnerstag, Haustürwahlkampf mit Till und Green Dinner am Freitag, sowie Eisbärenaktion, ungeplante Schicht am Wahlkampfstand in Niendorf und Verteilaktion auf der Reeperbahn am Samstag auf der Agenda.

All die Mühen haben sich scheinbar gelohnt. Im Stadtteil Eimsbüttel sind die GRÜNEN stärkste Kraft geworden.

Blick nach vorne

Die Worte meiner Rede von der BDK haben sich mit dem Ergebnis vom 24. September bewahrheitet. Sollte es ein Jamaika-Bündnis geben, dann ist es an den GRÜNEN dafür zu sorgen, dass die Koalition nicht wie Schwarz-Gelb aussieht. In uns wird die Hoffnung der gesamten progressiven Kräfte ruhen. Das ist eine Menge Verantwortung, aber im Interesse der Menschheit können wir nur hoffen, dass wir sie wahrnehmen können.

Daher möchte ich auch bei der nächsten Bundesdelegiertenkonferenz als Delegierter teilnehmen und über die Zukunft des Landes mitbestimmen. Die Geschichte meines politischen Lebens hat hiermit gerade erst begonnen.