Am 31. Mai fand die öffentliche Anhörung im Rahmen des G20-Sonderausschusses statt. Die Sitzung begann kurz nach 17 Uhr und wurde wie die letzten Male per Livestream übertragen.

Für einen detaillierten Blick auf die Äußerungen sei auf das Wortprotokoll verwiesen. Dieser Bericht schildert meine Eindrücke und beschränkt sich auf einige Kernelemente und Schlussfolgerungen meinerseits.

Tagesordnung Wortprotokoll

Anders als bei den vorigen Sitzungen gab es von Senat und Abgeordneten nur eine Schlussrunde am Ende und ansonsten lediglich Meinungsäußerungen und Fragen von den vor Ort befindlichen Bürger*innen. Der Livestream hatte zwischendurch immer wieder kleine Unterbrechungen, weswegen ich nicht alle Äußerungen mitbekommen habe.

Eindruck

Es haben fast ausschließlich Anwohner*innen aus dem Schanzenviertel gesprochen und insbesondere jene, die im Stadtteilbeirat oder auf andere Weise aktiv sind. Es gab eine Äußerung einer Person aus Winterhude. Insgesamt habe ich den Eindruck gewonnen, dass die Polizei durchweg sehr kritisch gesehen wurde, wohingegen die militanten Gewalttäter*innen kaum eine Erwähnung fanden.

Ich habe mich sehr über diese Positionen gefreut, da eine polizeikritische Perspektive bisher zu kurz kam im Ausschuss. Vielfach wurden Sachverhalte angesprochen (Elbchaussee, Welcome to Hell), mit denen sich der Ausschuss bereits beschäftigte. Allerdings habe ich den Eindruck bekommen, dass die Redebeiträge von wohlinformierten Bürger*innen stammten, die sich mit den bisherigen Sitzungen beschäftigten und gerade deswegen gewisse Fragen aufgeworfen haben, die nämlich nicht bereits geklärt wurden. Dennoch hat der Ausschussvorsitzende mantraartig darauf reagiert, dass man sich schon beschäftigt habe und die Fragen sich aus der Lektüre des Wortprotokolls klären ließen.

CDU, FDP und AfD haben diese Sitzung sichtlich nicht genossen, da ihre Talking-Points überhaupt nicht angesprochen wurden. Seitens der Bürger*innen wurde sich unter großem Applaus für die Flora und andere linke Zentren ausgesprochen. Insgesamt war häufig Applaus zu vernehmen für die Redebeiträge der Anwohner*innen. Es wurden mehrfach Rücktrittsforderungen an Senator Grote und Entlassungsforderungen an Dudde gestellt. Insgesamt wurde der Mangel an politischer Verantwortungsübernahme kritisiert.

Aus den Abschlussstatements der Fraktionen ging hervor, dass die SPD nicht einmal souverän so ein Statement hat vortragen können, da Frau Friederichs der SPD die Abschlussworte sehr wahrscheinlich vorlas. Die GRÜNEN und die Linke schienen als einzige Fraktionen ein ernsthaftes Interesse an der Aufklärung auch von polizeilichem Fehlverhalten zu haben.

Herr Grote erwähnte in seinem Abschlussstatement, dass für die Verfolgung von Straftaten der Polizei oftmals die Aussagen der Geschädigten fehlen. Er bezeichnete den Vorgang von sog. Gegenanzeigen durch die Polizei als Legende.

Fazit

Die öffentliche Anhörung war wichtig und richtig. Sie kommt jedoch zu spät und ist zu wenig im Aufarbeitungsprozess. Die Bürger*innen hätten häufiger und früher beteiligt werden müssen. Außerdem hat sich in den bisherigen Ausschusssitzungen gezeigt, dass eine wirksame Aufklärung über das von der Polizei Gewollte hinaus nicht stattfindet. Ein politischer Ausschuss hat meiner Auffassung nach die Aufgabe, dass die politische Verantwortung erarbeitet wird und Fehlverhalten untersucht wird. Das ist aber nur möglich, wenn man der Polizei nicht blind glauben muss. Der Ausschuss müsste viel mehr selber Nachforschungen anstellen, um die Aussagen der Polizei(führung) zu verifizieren.

Mein Vertrauen in die Polizeiführung und die Innenbehörde ist nicht existent. Es kommt dabei nicht nur auf strafrechtlich relevantes Verhalten an, sondern das Gesamtbild ist wichtig. Dudde wird befördert noch vor Abschluss des Sonderausschusses, Scholz schließt Polizeigewalt aus, bisher keine offentliche Bitte um Entschuldigung für das polizeiliche Fehlverhalten, welches auf Videos klar zu erkennen ist (unabhängig vom Kontext) und vieles mehr. In diesem Gesamtbild ist es sehr schwer zu vermitteln, dass die Befugnisse der Polizei noch weiter ausgeweitet werden sollen, es Diskussionen um die Schließung der Flora gibt und generell fast alle Parteien sich befleißigen eine Distanz zum Begriff “links” aufzubauen.

Ferner bin ich mir ziemlich sicher, dass die SPD in der Schanze weder bei der Bezirks- noch bei der Bürgerschaftswahl einen Fuß in die Tür bekommen wird. Gleiches gilt für die konservativen Parteien. Ich bin auf jeden Fall gespannt, wie sehr die Fraktionen die Äußerungen aus der Anhörung tatsächlich in den weiteren Sitzungen des Ausschusses einfließen lassen.

Die nächste Sitzung ist dann auch wieder im Rathaus und am 14. Juni.