Vom 26. auf den 27. Januar steht die nächste Bundesdelegiertenkonferenz der GRÜNEN in Hannover an. Die wohl wichtigste Entscheidung dieser Versammlung wird die Wahl des neuen Bundesvorstands sein. Insgesamt gibt es zwei quotierte Vorsitzende zu wählen, ein*e Schatzmeister*in, eine Politische Geschäftsführung und zwei weitere Mitglieder. Der Vorstand muss auch insgesamt quotiert besetzt sein. Außerdem übernimmt traditionell eine Frau die Rolle der frauenpolitischen Sprecherin.

Bislang besteht der Bundesvorstand aus den Vorsitzenden Simone Peter und Cem Özdemir, dem Politischen Geschäftsführer Michael Kellner, dem Schatzmeister Benedikt Mayer und den weiteren Mitgliedern Bettina Jarasch und Gesine Agena. Gesine Agena ist außerdem frauenpolitische Sprecherin.

Bisher liegen für den Bundesvorstand folgende Bewerbungen vor:

  • Annalena Baerbock, Anja Piel und Robert Habeck für die Position(en) der Vorsitzenden
  • Michael Kellner für die Politische Geschäftsführung
  • Benedikt Mayer für die Schatzmeisterei
  • Gesine Agena, Anna Cavazzini und Jamila Schäfer als weitere Vorstandsmitglieder
  • Gesine Agena als frauenpolitische Sprecherin

Soweit zu dem Sachstandsbericht. Im Folgenden werde ich darlegen, warum ich gerne als Delegierter für die BDK gewählt werden möchte.

Bewerbung

Anfang 2017 bin ich den GRÜNEN beigetreten, nachdem ich bereits seit Ende September 2016 bei der GRÜNEN JUGEND war. Die guten zwischenmenschlichen Beziehungen und die politischen Inhalte haben mich überzeugt. Von Oktober 2016 bis September 2017 war ich auch im Landesvorstand der GRÜNEN JUGEND Hamburg. Im Mai 2017 bewarb ich mich zum ersten Mal als BDK-Delegierter und wurde auch gewählt. Auf der Programm-BDK in Berlin war mir vergönnt direkt nach Cem Özdemir reden zu können (siehe BDK-Rede). Ende September 2017 wurde ich dann für alle BDKen bis Jahresende delegiert. Zu dem Zeitpunkt war die nächste BDK noch im Oktober geplant und es hätte über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen entschieden werden müssen. Bekanntlich kam es anders.

Jetzt geht es also um die Wahl des neuen Bundesvorstands. Dies ist eine wegweisende Entscheidung, es geht um nicht weniger als die Zukunftsfähigkeit der Partei. Bevor ich mich jedoch dazu äußere, wen ich wählen würde, möchte ich die Gelegenheit nutzen, einen Schritt zurück gehen und der Frage nachgehen, wofür ich eigentlich politisch aktiv bin und warum die Zukunft der GRÜNEN dafür wichtig ist.

Ich strebe eine Welt an, die folgenden Punkten entspricht:

  • keine Armut bzw. menschenwürdige Teilnahme an der Gesellschaft für alle
  • keine Diskriminierung (insbesondere keine Homo- und Transfeindlichkeit, kein Sexismus, kein Rassismus; kurzum: keine gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit)
  • alle Menschen können ihren Lebensträumen nachgehen, solange dadurch keine anderen Menschen diskriminiert werden
  • keine Tierquälerei
  • Nachhaltiger Umgang mit Ressourcen (z.B. 100% erneuerbare Energien, Suffizienz)
  • Globale Gerechtigkeit
  • weltweit offene Grenzen (falls es die überhaupt noch gibt)
  • weltweiter Frieden
  • weltweite Wissenschaftskooperation
  • freies Internet für alle überall und jederzeit, bedingt Netzneutralität
  • kein DRM und auch kein Geoblocking
  • Freiheit für Kunstschaffende wirklich Kunst zu schaffen ohne Vermarktungszwang
  • grundlegendes Verständnis vom Internet bei allen Menschen vorhanden
  • weltweit gute Bildung und Austauschprogramme
  • technische Lösungen, um jegliche sprachliche Hürden zu entfernen; alle Menschen sollen mit allen kommunizieren können
  • Wirtschaft, die der Gesellschaft dient und nicht anders herum

Es fällt nicht schwer diese politische Grundrichtung als links einzuordnen. Was genau ist eigentlich links? Im groben Sinne steht links für die Position, dass alle Menschen von Geburt an das gleiche erreichen können sollten. Dagegen steht rechts im Allgemeinen für Ideologien, nach denen eine Ungleichheit als gegeben hingenommen wird oder gar forciert wird. Oder anders ausgedrückt: Links steht im Allgemeinen für gutes Leben für Alle, während Rechts für gutes Leben für Wenige steht. In dieser politischen Skala sind die GRÜNEN links und sollten sich auch selbstbewusst links einordnen.

Die von mir beschriebene Utopie ist realistisch dahingehend, dass alle beschriebenen Punkte durch Menschen veränderbar sind und damit auch durch Menschen umgesetzt werden können. Sie ist unrealistisch dahingehend, dass sie nicht innerhalb einer kurzen Zeitspanne erreicht werden kann und im Übrigen auch nicht durch eine Revolution. Daraus leitet sich auch ab, das die Bedeutung von “realistisch” relativ ist. Es kommt auf den Kontext an.

Deswegen ist auch die Bezeichnung der Flügel in der GRÜNEN Partei von dieser Logik her absoluter Bullshit. Dort stehen sich Links und Realistisch begrifflich gegenüber. Das sind aber begrifflich zwei Dinge, die sehr wohl auch in Kombination stattfinden können. Sie implizieren aber, dass linke Positionen qua Definition unrealistisch seien. In Kombination damit wird auch immer wieder die berühmte “Mitte” herangezogen, deren Vertretung die GRÜNEN seien. Diese “Mitte” ist begrifflich bedeutungslos, weil eine Mitte immer von der Skala abhängt. Wenn ich mir die CDU und die NPD greife, dann gibt es dazwischen auch eine Mitte. Zwischen Linken und GRÜNEN gibt es auch eine Mitte. Dazu kommt, dass es bei der Politik nicht nur um eine eindimensionale Skala geht, sondern um mindestens eine zweidimensionale. Schon reicht es nicht mehr sich einzig die LINKE und die NPD zu greifen, um eine Mitte zu definieren. Denn selbst in der Linkspartei gibt es unterschiedliche Strömungen, die sich teils stark unterscheiden. Der Wagenknecht-Flügel befürwortet Nationalismus und Abschottung und ist insofern in dieser Dimension gleich auf mit der AfD, während der gleiche Flügel im wirtschaftlichen Bereich krasse Differenzen mit der AfD hat. Der Flügel um Katja Kipping ist dagegen für Europa und unterscheidet sich dort stark mit Wagenknecht, auch wenn beide für eine linke Wirtschaftspolitik sind. Wenn dies über die Linkspartei hinaus erweitert wird, dann kommt auch noch die Dimension (autoritär, liberal) dazu. Kurzum: Schluss mit dem elenden Schwadronieren von der “Mitte”. Dies suggeriert ferner, dass man sich politisch nicht festlegen müsse. Denn Mitte ist politisch inhaltsleer. Die GRÜNEN sind aber nicht inhaltsleer, sondern für Gleichberechtigung und damit grundsätzlich links.

Man könnte die Flügel auch “Utopie” und “Tagespolitik” nennen. Das wäre funktional auch besser für Thinktanks, denn beides ist für eine Partei dring